Gabriele Baumgartner: Brigitte und Theresa Bruckner – Übermalung

als ein künstlerischer Entstehungsprozess, 2016

 

Immer wieder übermalen Künstler aus den verschiedensten Gründen ihre eigenen Werke oder die eines anderen. Man denke dabei vor allem an Arnulf Rainer, Gerhard Richter oder sogar an Marcel Duchamps Mona Lisa. Sei es als künstlerisches Stilmittel um seine eigene Person zu definieren, Kritisches anzumerken oder aufgrund der Ästhetik. Die Möglichkeiten und die Aussagen dazu sind vielfältig.

Theresa Bruckners Übermalungen über Brigitte Bruckners Leinwände weisen in vielerlei Hinsicht interessante Aspekte auf. Neben ihrer familiären Verbundenheit als Mutter und Tochter sind sie auch als Künstlerinnen häufig gemeinsam auf Malreisen und erarbeiten sich die Motive auf ihre eigene Weise. Aber natürlich kommt es hier zu einem künstlerischen Austausch zweier Malerinnen, wobei jede trotz der Verbindung ihre eigenständige Handschrift und Ausdruck bewahrt. In ihrem malerischen Verständnis nehmen beide fast schon konträre Positionen ein. Brigitte Bruckners malerisches Charakteristikum ist ein sehr dünner Farbauftrag, der meist viel weiße Leinwand stehen lässt und eine Reduktion auf das Wesentliche bedeutet. Dagegen wird bei Theresa Bruckners Arbeiten der Bildausdruck in starken, kräftig aufgetragenen Farben transportiert.

Aus einem praktischen Ansatz heraus begann Theresa Bruckner mit dem Übermalen der Bilder ihrer Tochter. Genügten Arbeiten nicht ihrem Anspruch, gab Brigitte Bruckner sie an ihre Mutter weiter, denn aufgrund des dünnen Farbauftrages war eine Weiterverwendung leicht möglich. Somit wussten nur Eingeweihte, dass unter der kräftigen Farbschicht bereits eine Komposition einer anderen Künstlerin steckte. Oft wurde so aus einer Landschaft ein Stillleben oder ein Portrait. Nur gelegentlich erahnt man bei einer Arbeit das darunterliegende Motiv und eine Arbeit weist als Kuriosum noch die Signatur der Vorgängerin auf.

Nun hat sich der Ansatz aber geändert: Theresa Bruckner ging dazu über, die Komposition ihrer Tochter zu übernehmen und auf ihre Weise die Darstellung zu ergänzen und „fertig“ zu malen. So entstanden und entstehen Arbeiten, die die Fähigkeiten beider Künstlerinnen vereinigen. Die Bildkomposition der einen wird mit den Farben der anderen ergänzt und somit sind die Malerinnen auch künstlerisch verbunden. Es hat einen gewissen Reiz als Betrachter diese so gemeinsam entstandenen Arbeiten in die verschiedenen Entstehungsprozesse und damit die Charakteristika der Künstlerinnen zu sezieren.